Überlingen 2005

Herbstregatten  –  Deutschland Cup      9.–11. September 2005

 

Alle zwei Jahre segeln die 45er während den Herbstregatten beim Bodensee Yacht Club Überlingen (BYCÜ) ihren „Deutschland Cup“ aus. Diese Serie findet im Wechsel mit dem Ammersee Yacht Club (AYC) statt. In diesem Jahr war wieder der Bodensee dran. Zu diesem Zweck dürfen die 45er das Privileg genießen, einen Tag vor den Herbstregatten schon anzutreten, um drei Wettfahrttage zur Verfügung zu haben. Elf 45er hatten gemeldet. Neun sind am Freitag, 9.9., angetreten und neun blieben es auch bis Sonntag.

 

Es sollte der vorerst letzte Spätsommertag sein, der Freitag. Schwache Winde am Vormittag mal von links (Osten), mal von rechts (Westen) ließen nichts Gutes für den Tag erwarten. Aber wie definierte der bewundernswerte, 97-jährige Wetterexperte des BYCÜ, Herr Siegfried Schöpfer ganz trivial und gar nicht tröstlich: „Wetter ist ein atmosphärischer Zustand, bei dem Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten regelmäßig und unregelmäßig abwechseln.“ Und das sollte auch das ganze Wochenende so gelten.

 

Am Freitag herrschte zunächst noch strahlendes Wetter – dank Föhn – mit wenig Chance auf regelmäßigen Wind. Fast hatten die Segler die Hoffnung schon aufgegeben, da setzte sich ein Süd-West durch, der wenigstens halbwegs halten sollte. Quer im Überlinger See ist nicht viel Platz, so konnten die Bahnen nicht sonderlich lang werden. Zudem sollte schon die erste Wettfahrt gekürzt über die Bühne gehen. Vom Start weg lag „Finea“ (P126) wieder mal vorne. Es ging also weiter, wie es in Kreuzlingen aufgehört hatte. Der „Schuft“ (P201) und die „Argo“ (P106) hatten sich am Start ziemlich vertan. Von einem Zuschauerschiff ließen sich die beiden beim Luven am Start verwirren und verwechselten dessen Heck mit dem des Startschiffes. Ergo lagen sie beim Startschuss außen vor der Linie. Jetzt hieß es: Nichts wie beidrehen, Halse und hinter dem Startschiff rum über die Linie. Eine wilde Aufholjagd begann. Am Ende schaffte es die „Argo“ hinter “Finea“ und vor „Lotos“ (P105) noch auf den 2. Platz, „Schuft“ hangelte sich noch als Vierter durchs Ziel.

 

Der zweiten Wettfahrt ging zwischendurch beinahe die Luft aus. Hier mal ein Strich und dort mal einer, entsprechend wechselnd ging es an der Spitze zu – aber auch hinten. So manche Yacht wurde durchgereicht. Doch der Wind hielt – ja er nahm sogar wieder zu. Den besten Riecher – oder einfach den größten Mut zum extremen Schlag – hatten diesmal die „Halbschwimmer“ vom „Schuft“, denn sie verwiesen die „Finea“-Crew auf den 2. Platz und ließen den „Argo“-nauten nur den 3. Platz. Damit blieb die Spannung an der Spitze vorerst erhalten.

 

Am zweiten Tag waren die 45er nicht mehr allein. Die 8er, 75er und Lacustres teilten im Rahmen der Überlinger Herbstregatten das Schicksal der regelmäßig unregelmäßigen Wetterlage. Hatte es am Morgen bereits geregnet, so kam mittags sogar die Sonne heraus. Also auch am Samstag erst mal Startverschiebung. Zeit zum gepflegten Mittagessen im ganz auf Gastfreundschaft getrimmten Yachtclub. Der Nachmittag aber sollte den endgültigen Wetterwechsel bringen. Zuvor gab es sogar Wind und zwar aus Süd-Ost. Es wurde zum Auslaufen geblasen. Allerdings dauerte es eine ganze Weile, bis alle Yachten aus dem Hafen draußen und an der weiter östlich ausgelegten Startlinie waren. Diese Zeit sollte am Ende fehlen. Doch vier flotte Windstärken ließen eine richtige Herbstwettfahrt erwarten. Mancher Skipper hatte sogar kleinere Vorsegel setzen oder ein Reff einlegen lassen. Nach etwas Gerangel am Start – „Obadjah“ (P 205) verschaffte sich nicht ganz regelkonform zwischen „Argo“ und Startschiff Durchlass – ging es mit rauschender Fahrt los. Richtung Süd-Ost hat der Überlinger See viel Platz. Eine wirklich ordentliche Kreuz zog das Feld ziemlich auseinander. Die ersten 45er holten die langsamsten 75er rasch ein. Welche Seite ist richtig? Das war die alles entscheidende Frage. Normal geht’s rechts bei Süd-Ost im Überlinger See. So sollte es diesmal nicht sein. Wer links hoch kreuzte, lag an der ersten Tonne vorn. Doch kaum waren alle um diese herum, ließ der Wind schon spürbar nach. Die Reffs wurden alle wieder herausgenommen, die Spinnaker gesetzt, aber das Zittern begann. Wo ist noch der meiste Wind? Links, rechts oder in der Mitte? Drohende Gewitterwolken standen über Konstanz und über dem Bodanrücken. Eine schaurig schwarze Wolke zog langsam über den westlichen Überlinger See Richtung Ludwigshafen. Blitze und Donner luden die Szene mit Spannung auf. Welche Wolke würde jetzt ansaugen? Aus welcher könnte es herausblasen? Links und rechts zog es ein wenig. Die Mitte war am Schlechtesten. Wieder mal vorne am Lee-Fass war wer? Klar – „Finea“. Doch „Schuft“ gab sich nicht geschlagen. Mit einem extremen Schlag nach links auf der zweiten Kreuz deutete sich eine Sensation - oder ein Debakel - an. „Finea“ hielt dagegen und zog mit nach links, um „Schuft“ nicht ausbüchsen zu lassen. „Argo“, „Lotos“,  „May“ (P 7) und die P 235 setzten auf die rechte Seite in der Hoffnung, die Konstanzer Wolke wolle sich in Bewegung setzen. Doch gefehlt. Die Wolke saugte an und die linke Seite war deutlich bevorzugt. Wer auf rechts gesetzt hatte, musste schlimm kreuzen und mit ansehen, wie die anderen das Luv-Fass direkt anliefen. Sie waren endgültig abgehängt. Dann ließ der Wind zwischendurch stark nach. Nur ein 45er kam gut durch, das war „Finea“. Als Zweiter schob sich „Schuft“ ins Ziel. Dahinter sollte die sonst so erfolgsgewohnte „Schnuppe“ (P 62) als Dritte zu ihrem besten Wettfahrt-Ergebnis kommen. Ebenso „Diva“ (P224) als Vierte und „Obadja“ als Fünfte. Hinten kam plötzlich wieder Wind auf und schob die restlichen 75er, 45er, Lacustres und einen Achter zusammen. Doch der Wind löste das Chaos an der vorletzten Tonne schnell auf. Wie gerade diese Wettfahrt das Feld hinter den beiden Führenden durcheinander mischte, zeigt die Tatsache, dass alle anderen Yachten ihre schlechtesten Einzelergebnisse einfuhren. Auf dem Nachhauseweg kam dann doch noch Regen auf – der Wetterwechsel war vollzogen. Vom Gewitter und von Sturmböen blieben alle verschont.

 

Am Sonntagmorgen herrschten trübe Aussichten. Es regnete heftig. Wind wehte eher schwach als segelbar. Die Richtung war auch nicht klar. Klar war nur, dass ein 45er-Team, das der „Finea“, im Klassement klar führte und nur noch der „Schuft“ eine mehr als theoretische Chance auf den Gesamtsieg hatte. Dahinter war noch einiger Plätzetausch möglich. Nach einem ausgedehnten Frühstück ging der Regen in Nieseln über und die müde Luftbewegung steigerte sich zu 2-3 Beaufort Süd-West. Also wurde ausgelaufen. Der Regen nahm wieder zu, doch der Wind blieb. Also wurde gestartet. Alles lief planmäßig an, sogar der Regen hörte auf. Doch kaum waren die ersten 45er um die erste Tonne rum – „Finea“ wieder vorne weg – ließ der Wind aus. Ein Abbruch lag in der Luft. Aber die Wettfahrtleitung gab nicht auf, wollte sie doch die Herbstregatten wenigsten mit einer zweiten Wettfahrt abrunden. So hieß es durchhalten, wenigsten einen Up-and-down-Gang. Von hinten kamen wieder leichte Windstriche auf. So manche Yacht schob sich halsend durch das Feld. Der „Argo“ gelang es gar vom vorletzten Platz an der ersten Tonne noch vorzudringen bis auf den ersten Platz an der letzten Tonne. Im Ziel aber war sie dann doch nur Vierte. Warum? Einfach nicht aufgepasst. In der Endabrechnung war’s ohnehin egal: Dritter Rang – wie vor der letzten Wettfahrt schon. Überragender Sieger wurde verdient Andreas Bulang mit seiner „Finea“-Crew, die sich auch noch den letzten Tagessieg geholt hatte. Silvio Schobinger mit „Schuft“ wurde nach einem Tageszweiten zum Abschluss ebenso verdient Gesamtzweiter.

 

Die Siegerehrung war richtig stimmungsvoll. Der Deutschland-Cup ging vom Starnberger See (Vorjahressieger war „Burle“ Glas aus Possenhofen) an den Untersee nach Radolfzell zu Andreas Bulang. Er gewann auch den Sonderpreis für den vor 1945 gebauten 45er mit der am konstantesten gesegelten Serie. Drei erste und ein zweiter Platz mit der von ihm selbst wunderschön restaurierten „Finea“ beeindruckten alle Teilnehmer in Überlingen tief. Der Sonderpreis für die beste Yacht der zweiten Hälfte ging als kleiner Trost an die im Formtief segelnde Schweizer Yacht „Schnuppe“. Großer Dank gebührt dem Veranstalter, seinen vielen Helfern, den Wettfahrtleitern, den Bojenlegern, dem Hafenmeister, der Küche, dem Service und Frau Mayer, dem Herzstück der Organisation im BYCÜ. Ein von regelmäßig unregelmäßigem Wetter mit mäßigem Wind geprägtes Wochenende nahm sein gutes Ende. Der BYCÜ hatte das Beste für uns Segler daraus gemacht.

 

Bleibt zum Schluss nur noch der Hinweis: Der Deutschland-Cup 2006 findet wieder am Ammersee beim AYC statt. Schon jetzt vormerken: 10.-13. August!

 

 

Matthias Berz (P 106) 

Deutschlandpokal der 45er 2005
09.-11.09.05


Pl Segelnr

 

Name Club Bootsname

 

1

 

2

 

3

 

4

 

Punkte

 

Platz

 

1 P 126

 

Bulang, Andreas YCRa Finea

Wenk Benedikt, Grieser Frank, Hauk Heiner, Hermann Andreas

1

 

2

 

1

 

1

 

5,0

 

1

 

                                  

 

2 P 201

 

Schobinger, Silvio WYC Schuft

Kraus Stefan, Diesch Niklaus, Becker Beate, Frederking Bettina

4

 

1

 

2

 

2

 

9,0

 

2

 

                                  

 

3 P 106

 

Berz, Matthias AYC Argo II

Berz Marius, Simon Paul, Wieser Christoph

2

 

3

 

6

 

4

 

15,0

 

3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4 P 235

 

Handle, Jakob YLB

   Jung Peter, Gutbrot Jürgen, Haist Ralf

5

 

5

 

7

 

3

 

20,0

 

4

 

                                

 

5 P 62

 

Wittich, Jürg YCK Schnuppe

Ritzler Stephan, Stuber Urs, Eichenberger Peter

8

 

4

 

3

 

7

 

22,0

 

5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6 P 105

 

Cosalter, Martin LSC Lotos

Boos Wofgang, Steur Wolfgang, Bräu Franz

3

 

7

 

9

 

5

 

24,0

 

6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7 P 205

 

Henzler, Hubert LSC Obadjah

Kögl Dieter, Müller Michael, Deharde Max, Dinkelbach

6

 

8

 

b

 

9

 

28,0

 

7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8 P 224

 

Keferstein, Claus BYCU Diva

Detzel Reiner, Fuchs Gerhard, Frieiing Erich

ocs

 

9

 

4

 

6

 

29,0

 

8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9 P7

 

Beck, Wolfgang YCB May

Biatel Uwe, Morris Richard, Wiedersheim Roman

7

 

6

 

8

 

8

 

29,0

 

9