Die „Argo II“ zurück am Wannsee

Die Einladung des Vereins Seglerhaus am Wannsee (VSaW) zu den Jubiläumsregatten anläßlich seines 150-jährigen Bestehens war für den AYC willkommener und wohl auch einmaliger Anlass die 45er-Clubyacht „Argo II“ „back to the roots“ segeln zu lassen. Denn 65 Jahre liegt es zurück, dass die P 106 von Berlin an den Ammersee kam. Sie wurde 1923 in Berlin Köpenick bei den Gebrüdern Engelbrecht gebaut und war zunächst im SV 03 als „Daimon“ registriert. Auf dem Umweg über den Rostocker Yacht Club (1926-1930), wo sie den Namen „Darling III“ führte, kam sie wieder an den Wannsee. Diesmal zum Potsdamer Yacht Club. Dort verliert sich bislang die Spur der Recherche für die Zeit 1930 bis 1952. Fest steht, dass die P 106 die Jahre nach Kriegsende auf dem Grund des Wannsees verbrachte. Um die edlen Schiffe dem Zugriff der Besatzungsmächte zu entziehen, geschah dies damals mit einigen Berliner Yachten. 1952 auf jeden Fall wurde die P 106 vom AYC im VSaW erworben und ist seither als „Argo II“ auf dem Ammersee beheimatet.

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Ein ähnliches Schicksal wie das der P 106 teilten etliche Yachten, die in den frühen 20er-Jahren oder gar noch in der wilhelminischen Zeit in Berlin gebaut wurden. Und so waren die Jubiläumsregatten vom 13.-15. Juli 2017 des VSaW und des BYC, Berliner Yacht Club, der in 2017 auch noch sein 150-jähriges Bestehen feiert, willkommene Gelegenheit zu einem Stelldichein alter holzgeplankter Schönheiten. Insgesamt 33 Yachten mit zum Teil weiten Anreisen, wie vom Attersee, Mondsee, Chiemsee, Ammersee und Bodensee, kamen so zusammen. Allesamt hatten sie Berliner Wurzeln.

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Für die „Argo II“ war der Ausflug nach Berlin eine Unternehmung von 8 Tagen.
Am Montag, den 10. Juli wurde sie in der Steinlechner Werft geslippt, gekrant und transportfertig gemacht. Am Dienstag war der Tag auf der Autobahn. Und am Mittwoch wurde im VSaW gekrant, Mast gestellt und segelfertig gemacht. Leider herrschte dann am Nachmittag Dauerregen, so dass kein Probeschlag gesegelt werden konnte. Also ging es am Donnerstag gleich direkt zur Sache. Bei knackigem Westwind sollten zwei Wettfahrten nach historischen Kursen gesegelt werden. Also ein regelrechtes Strickmuster durch Wannsee und Havel. Da war es gut, dass die drei AYC-ler noch einen Segler aus dem VSaW, der wusste wo die Bojen liegen, mit in der Mannschaft hatten. Böiger Wind mit 5-6 Bft lies vorsichtshalber nur die kleine Fock und ein Groß mit Reff zu. Natürlich vertragen andere Schiffe mehr Wind als die Argo II und waren deshalb schneller. Auch mit einigen Schwierigkeiten galt es fertig zu werden. So musste in der ersten Wettfahrt kurzerhand mal die Fockschot gekappt werden, da ein Überläufer auf der Winsch nicht mehr zu lösen war. Das Manöver kostete leider ein paar Plätze. Und auch die zweite Wettfahrt sollte nach einem glänzenden Start aufgrund des Missgeschicks eines Fockfall-Bruchs zu einer Aufholjagd werden. Denn Fock runter und am Ersatzfall wieder hoch, das kostet einfach Zeit. Aber am Ende hieß es: Alles gut gegangen und nach zwei Wettfahren punktgleich mit dem 8er „Elfe“ vom Bodensee exakt in der Mitte des Feldes. Der Abend schloss mit einem zünftigen Seglerhock im altehrwürdigen Seglerhaus. Selbstverständlich wurden Kontakte geknüpft und viele Geschichten ausgetauscht.

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Hoffnungsvoll wurde in den zweiten Regatta-Tag gestartet. Dieser begann mit deutlich weniger Wind als tags zuvor. Ein flaues Lüftchen umschmeichelte den Wannsee und sogar die Sonne schien kräftig. Bis alle Yachten in der „Ecke“ der Havel waren, in der gestartet werden sollte, dauerte es eine Weile. Voll Engagement ging es dann ins Rennen. Und wie es bei so viel Ehrgeiz kommen muss, kam es: Massenfrühstart - Allgemeiner Rückruf. Nachdem ein Schleppzug (die Havel ist eine Bundeswasserstraße!) passiert hatte, konnte erneut gestartet werden – jetzt mit der Ehrgeiz-zügelnden schwarzen Flagge. Der Start gelang, aber der Wind war inzwischen schon wieder löchrig geworden. Und so hatten noch gar nicht alle Schiffe die erste Tonne gerundet (die Argo II übrigens schon, als Dritte), da entschloss sich die Wettfahrtleitung zum Abbruch und zur Rückkehr in den Hafen. In mehreren Schlepps ging’s für diesen Tag endgültig zurück zum VSaW. Mit Shuttle-Booten fuhr man dann am Nachmittag hinüber zum Berliner Yacht Club, dem ebenfalls 150-jährigen, aber ursprünglich Ostberliner Club, der sich nach dem Krieg am Wannsee niedergelassen hatte. Dort waren alle Segler zu einem leckeren Buffet und zur Siegerehrung der beiden ersten Regatta-Tage eingeladen. Für die Argo II gab’s zwar keine Preise zu gewinnen. Beim schwächeren, dem Argo-Wind, war ja nichts mehr zusammengegangen. Aber es war einfach schön hier – in der Abendsonne. Ganz seglerischer Tradition folgend, hatte die Crew vom Ammersee einen Clubwimpel mitgebracht und an den BYC-Präsidenten übergeben. Die Pflege der Freundschaft stand von Anfang an über dem Ziel von Regatta-Siegen. Und so klang der Abend – dann wieder zurück im VSaW – auf den vertraut nebeneinander am Steg liegenden Yachten aus. Idealerweise hatten die Bodenseer für diese Gelegenheit genügend Grauburgunder der Konstanzer Spitalstiftung dabei (mit Betonung auf: hatten!).

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Am dritten Segeltag war Parade-Segeln angesagt. Erfreulicherweise herrschte ideales Segelwetter: Sonne und 3-4 Bft Wind aus West. Es konnte also wunderbar mit wohlgeblähten Segeln vor dem VSaW hin und her gesegelt werden. Zu genau vorgegebenen Zeiten hatte jede der altehrwürdigen Yachten am Clubsteg vorbei zu segeln. Ein ZDF-erprobter Sprecher stellte den Zuschauern die jeweilige Yacht vor und erläuterte ihren Werdegang und Bezug zu Berlin. Eine schöne Idee, die beim Publikum sehr gut ankam. Gleich anschließend wurde dann direkt vor dem VSaW zu einer Parade-Regatta gestartet. Die Starteinrichtung stand auf dem Steg. Die Begrenzung der Startlinie bildete eine Boje querab – so wie man das in alten Zeiten eben praktiziert hat. In wilder Hatz stürmten alle Yachten den Wannsee entlang, hinaus auf die Havel zur Wendemarke und wieder zurück. Das Ganze drei mal. Und das war’s dann. Aber ganz so einfach, wie es klingt, war es doch nicht. Denn im Wannsee unter Land war der Wind böig, blieb mal ganz weg und setzte um so stärker wieder ein. Und draußen auf der Havel kam er so spitz entgegen, dass mancher einen Kreuz-Schlag nicht vermeiden konnte, um die Wende-Boje zu erreichen. Aber auch bei dieser Regatta waren am Ende wieder dieselben (Berliner) Segler vorne. Und das war auch gut so - beim Jubiläum der Berliner Clubs.

Wind

Für den Abend war dann das rauschende Jubel-Fest vorbereitet. Das gesamte Gelände des VSaW war zur Party-Meile umfunktioniert worden. Wie da die Argo II am nächsten Morgen aus dem Wasser kommen sollte, war vorerst völlig schleierhaft. Aber egal, die Argo-Crew legte erst einmal den Mast und machte die Argo II für den Kran fertig, bevor sie nach einem erfrischenden Sprung in den Wannsee das für den Abend angemessene Outfit anlegte. Und schon war man mitten im Geschehen. Entlang der Hafenmole waren jede Menge Stände aufgestellt, an denen erlesene Speisen und Getränke angeboten wurden. Draußen auf einem der Stege stand der Argonauten liebster Stand - dort gab es Austern und Champagner. Der Rangierplatz vor dem Kran war überbaut mit einem großen Zelt – falls es zum Regnen kommen sollte. Und das tat es dann auch - den Organisatoren zur Rechtfertigung. Der kurze Schauer aber tat der Stimmung keinen Abbruch. Die bei einem solchen Jubiläum unvermeidlichen und offiziellen Ansprachen waren (freundlicherweise) kurz und die Musik der im Laufe des Abends wechselnden Gruppen an verschiedenen Stellen des Geländes bot für jedes Ohr und jeden Tanzstil etwas. Pünktlich mit der Dunkelheit wurde das obligatorische Feuerwerk über dem Hafen abgebrannt. Es war ein großartiges Fest eines großen Clubs - ganz zur Freude der Crew vom kleinen AYC, der allerdings auch weiß, wie Feste feiern geht.

Feuerwerk

Dorthin, zum Ammersee, sollte es am Sonntag-Vormittag wieder zurück gehen. Wie durch Geisterhand hatten die fleißigen VSaW-Helfer schon morgens den gelben Mobilkran durch das Hintertor an die Mole gesetzt und hoben die Argo II wieder aus dem Wannsee. Unter dem Baldachin hindurch und über den roten Teppich, auf dem am Abend zuvor die Festgäste das Clubgelände betraten, wurde die Argo II auf ihrem Trailer per Traktor auf die Straße gezogen. Ein fürwahr witziger Abgang vom Stück „back to the roots“. Zwar etwas staugeprüft aber wohlbehalten kam die Argo II dann am späten Sonntagabend wieder in Utting bei der Steinlechner-Werft an.

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Zum Abschluss dieses Berichtes soll herzlich all denen Dank gesagt sein, die tatkräftig mitgeholfen haben, die Argo II für eine Woche „zurück zu ihren Wurzeln“ zu bringen. Der erste Dank geht dabei an den AYC-Vorstand, der den „Ausflug“ der Argo II genehmigte. Ebenso gebührt dem Autohaus Lukas in Dießen großer Dank für das Zurverfügungstellen des Zugfahrzeugs. Ganz besonderer Dank gebührt dem Team der Steinlechner-Werft und den Jungs der Werft des VSaW. Natürlich bedankt sich die Argo-Crew auch für die großartige Gastfreundschaft im Jubiläums-Club VSaW. Ein besonderer Dank gilt dem Wahlberliner und AYC-Crew-Mitglied Paul Simon, der morgens noch im Spandauer Unfallkrankenhaus operierte, aber dann stets pünktlich zur Regatta am Steg stand. Das größte Dankeschön aber geht an die beiden im VSaW angeheuerten Team-Kollegen und neuen Segelfreunde Michael Wilke und Günter Kring, die sich auf Anhieb in die Crew aus Bayern einfügten.

Mast- und Schotbruch

Gregor und Matthias Berz
Die Argo-Transporteure